Mittwoch, 7. September 2011


„Wo bist du denn heute mit deinen Gedanken?“ Kim kniff ihre braunen Augen zusammen. „Das sieht dir gar nicht ähnlich!“, fügte sie noch hinzu.
Ich blinzelte Richtung Decke. „Keine Ahnung, ist irgendwie komisch.“, antwortete ich.
 „Jedenfalls“, lächelte sie, „Haben wir unseren Bericht fertig und den ganzen Abend frei.“
Schlagartig kehrte meine gute Laune zurück. „Zeit, etwas Spaß zu haben, oder?“, fragte ich mit einem Lächeln auf den Lippen.
Ich lächelte immernoch, als wir auf unserem Zimmer ankamen. Ich stellte meine Tasche auf mein Bett und öffnete die Fenster. Eine leichte Sommerbrise umwehte meine Haare und kurz seufzte ich, bevor ich mich umdrehte und das Zimmer verlassen wollte.
„Wo gehtst du hin?“, tönte Kims Stimme aus dem Bad.
„Der Zettel, erinnerst du dich?“, gab ich zurück ich. Ihre Antwort wartete ich nicht mehr ab.
Genervt warf ich wieder einmal einen Blick auf meine Uhr. 15:43 Uhr. Von Pünktlichkeit wusste der Zettelschreiber wohl nichts… und ich hasste es zu warten. Wenn er in zwei Minuten nicht auftaucht, bin ich weg. Ich seufzte und lehnte mich an die Wand. Wer auch immer stahl mir wertvolle Freizeit. Für einen Augenblick schloss ich die Augen und atmete tief ein und aus. Vielleicht war der Zettel auch an die Falsche gegangen… Ich zuckte die Schultern und stieß mich leicht von der Wand ab. Ich lief wieder den Gang entlang Richtung Mädchenräume.
„Dafür, dass ihr so lange lebt, seid ihr wirklich ungeduldig.“
Blitzartig drehte ich mich um. Aber der Gang war immernoch verlassen. Oder schonwieder, je nachdem, wie man es sah.
„Man sieht seinen Gegenüber an, wenn man mit ihm redet.“, versetzte ich trocken. Allerdings bekam ich keine Antwort mehr und nach einiger Zeit, die ich den Gang entlangstarrte, wandte ich mich ab und ging zurück auf das Zimmer von Kim und mir.

Sonntag, 31. Juli 2011


Wir schlenderten durch die Schulflure, schon auf dem Weg zu unserem nächsten Klassenzimmer. Diese Schule hatte für mich schon immer etwas Normales gehabt. Eigentlich ein absurder Gedanke, schließlich war es für einen Vampir wie mich ganz und gar anormal auf ein Menscheninternat zu gehen. Ich schmunzelte oft über die Schüler am Internat. Sie fühlten sich in jeder Klassenstufe ungeheuer wichtig und besser als alle anderen, dabei waren sie doch irgendwo alle gleich. Alle standen in kleinen Gruppen herum und diskutierten die neusten Pausendramen. In einer ebendieser Gruppen sah ich ihn zum ersten Mal. 

Seine Haare waren so blond, dass er sofort aus der Schülermasse hervorstach. Er lehnte an der Wand und hatte die Hände in der Hosentasche vergraben. Obwohl er von einigen Mitschülern umringt war, galt seine Aufmerksamkeit nicht ihnen. Ich brauchte eine Weile, um herauszufinden, wen er so angestrengt anstarrte. Aber es handelte sich wohl ganz eindeutig um Romain, der in ein Gespräch mit dem Schulleiter vertieft war. In dem Moment, in dem Kim und ich ihm die Sicht versperrten begegneten sich unsere Blicke. Seine Augen zeigten Überraschung und Abneigung. Ich runzelte die Stirn und fand den blonden Jungen äußerst seltsam. Bisher hatte mich noch nie jemand auf Anhieb mit Abneigung angesehen. Ich zögerte und lief etwas langsamer, um den Augenblick in die Länge zu ziehen. Kim bemerkte das sofort und zog mich am Handgelenk weiter. 

Im Klassenzimmer angekommen wurde ich zur Rede gestellt. „Was war das denn eben?“, fragte Kim. Ich zuckte die Schultern. „Der ist mir vorher nie aufgefallen.“, gab ich zurück. „Ja das habe ich gemerkt, so wie du den angestarrt hast… Als hättest du noch nie einen neuen Schüler gesehen.“, stellte Kim fest. „Und du bist jetzt die selbsternannte Blick-Polizei? Kim, komm schon! Man wird sich ja wohl noch umsehen dürfen!“, lachte ich. Der Lehrer betrat den Raum und Kim lehnte sich lässig auf ihrem Stuhl zurück. Für sie war das Thema wohl gegessen. Ich dagegen grübelte noch ziemlich lange über den blonden Jungen. Irgendwann schalt ich mich selbst eine Närrin. Vermutlich war er einfach nur etwas gestresst gewesen von seinem ersten Tag im Internat. Aber irgendwo kam er mir etwas komisch vor. Anders und nicht so normal wie die anderen Schüler. Als würde er mein schönes Bild vom normalen Internat mit irrealen Farben anmalen. Als es zur Pause läutete hatte ich nichts vom Unterricht mitbekommen.

Mittwoch, 11. Mai 2011


„Hey, Kim, sieh dir das an.“, rief ich Richtung Computer. Auch wenn ich sie nicht ansah, wusste ich doch, dass sie die Augen verdrehte, bevor sie aufstand und sich zu mir herüber bequemte. Ich hielt ihr den Zettel unter die Nase. „Interessant. Irgendeine Idee von wem?“, fragte sie. Ich ließ mir einen Augenblick Zeit und dachte nach. „Ich habe eine Theorie. Aber ich werde es mir vermutlich einfach ansehen.“, sagte ich. Kim nickte. Sie verstand, dass ich meine Theorie für mich behalten wollte. Das war inzwischen fast wie Telepathie zwischen uns. „Allein?“, fragte sie. „Ja, warte einfach vor der Schule auf mich, ja?“, antwortete ich. Kim nickte erneut, dann setzte sie sich wieder an den PC und tippte weiter. „Tut mir Leid, dass ich nicht helfe.“, sagte ich, während ich mich komplett auf dem Sofa ausstreckte und ein Gähnen unterdrückte. „Schon in Ordnung, aber unterbrich mich nicht die ganze Zeit.“ Ich lächelte Richtung Decke. Das ist uncool. „Das ist uncool.“, fügte sie hinzu. Beinahe hätte ich gelacht. Stattdessen kramte ich in meiner Tasche nach meinem i-Pod. Ich fand ihn, entwirrte das Kabel, stellte die Musik an und schloss die Augen. So könnte das Leben immer sein… Ein weiches Sofa, beruhigende Musik, andere Leute erledigen die eigene Arbeit, man liegt einfach da und die Sonne scheint einem ins Gesicht. Nur leider war es nicht immer so. Im Verlauf dieses Experiments hatten wir nicht mehr oder weniger Arbeit als gewöhnliche, menschliche Schüler, was oft bedeutete, sonnige Nachmittage durch lernen oder Hausaufgaben zu vergeuden. Für mich kamen dazu noch verschiedene Anlässe vampirischer Art, an denen ich teilnehmen musste. Es war irgendwo Segen und Fluch zugleich, eine Raveni zu sein. Zum einen war ich sehr wichtig und konnte in der Welt etwas verändern, zum anderen musste ich oft an für mich oft ermüdenden gesellschaftlichen Ereignissen teilnehmen und nett zu Vampiren sein, die ich am liebsten hochkant aus dem Haus geworfen hätte. Warum mache ich mir darüber Gedanken? Die Familie Raveni ist eben eine der Repräsentantenfamilien von Deutschland. Ob es mir nun passt oder nicht. Auch wenn die meisten Vampire nicht sesshaft waren, hatten wir doch auch etwas ähnliches wie die ‚Staatsangehörigkeit‘ der Menschen. Ebenso hatte jedes Land mehrere Repräsentantenfamilien, die, wie der Name schon sagt, das Land im Ausland repräsentierten. Die ältesten Familienmitglieder wurden alle sieben Jahre zusammengerufen, um aktuelle Probleme zu erörtern und zu tun, was Politiker eben taten. Mich persönlich interessierte das Ganze recht wenig, aber ich musste mich notgedrungen damit beschäftigen, da ich später einmal diejenige sein würde, die an diesen Versammlungen teilnehmen würde. Eigentlich ist es schon toll, mitbestimmen zu dürfen. Andere würden sich freuen, einmal so viel Macht zu haben. Wenn das ganze doch nicht immer so… erdrückend langweilig wäre. Die eigentlichen Probleme zu diskutieren fände ich ja schon interessant, aber das ganze Ambiente war immer so steif und ermüdend. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und seufzte. „Bist du fertig? Wir müssen in fünf Minuten wieder zum Unterricht.“, fragte ich. „Ich schreibe nur noch schnell, dass der Bericht von uns kommt… und senden. Fertig.“ Ich schaltete den Computer aus, während Kim ihre Sachen packte.

Dienstag, 26. April 2011

Kapitel 1

„Helena! Ich rede mit dir!“ Kim sah mich gespielt beleidigt an. „Sorry“, Ich kratzte mich am Hinterkopf, „Was hast du eben gesagt?“ Sie verdrehte theatralisch die Augen. „Ich habe dich darauf hingewiesen, dass wir bald wieder Bericht schreiben müssen. „Was?! Warum schon wieder wir?“ Ich seufzte. Jede zweite Woche wollte der Rektor und dem Gremium der Vampire einen Bericht über den Verlauf des V/M-Experiments. Eigentlich hatten wir an der Schule abgemacht, dass wir die Berichte immer abwechselnd schreiben würden. Außerdem immer in Zweiergruppen. Es war eine Erleichterung für uns alle, da wir so nur jeden vierten Bericht schreiben mussten, aber irgendetwas war da wohl in der Reihenfolge schief gelaufen, schließlich hätten Kim und ich erst den Bericht nächsten Monat schreiben sollen. „Wir haben doch mit Romain und Piotr getauscht, schon vergessen?“, fragte mich Kim. Ich schüttelte den Kopf. „Ich denke mal, du willst es gleich hinter dich bringen?“, fragte ich. „Logisch. Dann haben wir noch den ganzen Abend frei.“ Sie hatte recht. Diese Freistunde, die wir gerade hatten, nutzten wir normalerweise gar nicht, sondern saßen einfach nur im Oberstufenraum oder draußen, je nach Wetter. Wenn wir jetzt den Bericht schrieben, konnten wir unseren Mittwochabend so gestalten, wie wir wollten. Ich stand auf und setzte mich vor den PC. „Wie war Geschichte bei dir?“, fragte ich, um die Zeit zu verkürzen, die der Computer zum hochfahren brauchte. „Machst du Witze? Du weißt genau, wie sehr mich doch die Geschichte interessiert.“, antwortete sie ironisch. Ich zuckte die Schultern. „Und?“, fragte ich erneut. „Also die Daten waren mein Verhängnis, würde ich sagen. Den Rest habe ich ohne Lernen hinbekommen. Bei der einen Aufgabe hatten wir ja sogar noch eine Quelle.“, antwortete sie. „Also ich hatte ja so meine Schwierigkeiten bei der Karikatur.“, erwiderte ich. „Ohje, dann wird die Geschichtsarbeit bei dir wohl eine Eins minus! Schäm dich, Helena, du bist eine Schande!“ Lachend boxte ich ihr in die Seite. „Tu nicht so, als wärst du schlechter als Zwei!“, sagte ich. Kim wandte sich dem Computer zu. „Also, Miss Delanuit, was schreiben wir dem hochverehrten Herrschaften?“, fragte ich mit gespieltem Ernst. „Nun, Miss Raveni, da es keine bemerkenswerten Zwischenfälle gegeben hat, würde ich den Bericht möglichst kurz halten.“ Kim redete nun nicht mehr mit mir, sie sprach. „Na dann mach mal.“, sagte ich und schmiss mich auf das alte Sofa in der Ecke des Oberstufenraums. „Ich verbitte mir so einen Ton!“, antwortete Kim, war aber schon fleißig dabei, zu tippen. Aus Langeweile kramte ich in meiner Tasche nach dem Schulplaner. Wie auf Kommando fragte Kim: „Haben wir Hausaufgaben?“ Ich schlug den Planer auf und ein kleiner Zettel segelte hinaus. „Nein. Aber wir schreiben bald wieder einen Test in Physik.“, antwortete ich. „Okay.“, kam es vom Computer. Ich bückte mich nach dem Zettel. Darauf fanden sich nur eine Uhrzeit und ein Ort.
15:40 Uhr, Biologieraum 3

Sonntag, 13. Februar 2011

Epilog

In letzter Zeit bin ich echt total kreativ und überlege, "Das V/M Experiment" zu einem Buch zu schreiben, aber für das erste Feedback gibt es jetzt erst mal den Blog hier.
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Kopfschüttelnd stellte ich mich in die Reihe der wartenden Schüler.  //Was denkt der sich eigentlich? ‚Ich habe noch was zu erledigen, halt mir einen Platz frei. Bittedankeschön!‘ und weg war er// Mag ja sein, dass mein Bruder hier an der Schule alles bekommt, nur indem er einem Mädchen zuzwinkert, aber dass er sich jetzt schon erdreistete, seine eigene Schwester zu behandeln wie eine von ihnen, war mir neu. Ich wusste zu gut, was er noch erledigen musste. Er hatte noch ein Date mit einem Mädchen aus seinem Deutschkurs. Ich musste wider Willen grinsen, er war einfach ein Star. Und als solcher wurde er ohne genug Aufmerksamkeit ganz schnell ganz schlecht gelaunt. Das konnte ich dann einfach nicht haben. Deshalb, und nur deshalb, ließ ich ihm den Spaß sich jede Pause mit einem anderen Mädchen zu treffen. Pfff. Er hätte eigentlich gar nicht nett zu den Mädchen sein müssen. Allein wegen seines Aussehens gehörte er zu den meißt umschwärmten Leuten der Schule. Genauso wie alle andern, die zu meinem  Freundeskreis gehörten. Naja, wenn er gern in Liebesbriefen ertrinken wollte… //Ist ja schließlich nicht so, als wäre ich für ihn verantwortlich oder so…// Er war zwar ein Jahr jünger als ich, aber er konnte durchaus auf sich selbst aufpassen. Inzwischen war ich vorne an der Schlange. „Was darf es denn heute sein?“, fragte mich eine hochmotivierte Frau hinter dem Tresen. Jeder Schüler wird sich jetzt warscheinlich wundern: Eine hochmotivierte Cafeteriafrau? Ja, an meiner Schule schon. Aber das hat seine Gründe. „Zwei mal Blutorangensaft, bitte.“ Ich lächelte die Frau an und klpofte unauffällig mit der Zunge gegen meine Zähne. Die Frau nahm das mit einem leichten Nicken zur Kenntniss. Auch das hatte einen Grund. Sie stellte zwei der üblichen Kristallgläser auf mein Tablett und füllte sie zu ¾ mit der roten Flüssigkeit. „Dankeschön.“ Ich nahm das Tablett und lief an der Essensausgabe vorbei, ohne auch nur nachzusehen, welche Gerichte heute angeboten wurden. Aus Langeweile balancierte ich das Tablett auf zwei Fingern, als ich mir einen Weg durch das Chaos von Schach-clubern, Wissenschaftsfreaks, Mathematikern, Schreibbegeisterten, Skatern, Strebern, Sportlern und Schauspielern bahnte, um mich an den Tisch zu setzen, wo meine Freunde schon versammelt waren. „Hey Barbie! Ich war so nett und habe dir einen Platz freigehalten, direkt neben mir. Du darfst dich geehrt fühlen und dich setzen.“, begrüste mich Jean. Er war vor einem Jahr aus England hierhergezogen und verdrehte seitdem allen Schülerinnen den Kopf mit seinem Akzent. Ich verdrehte theatralisch die Augen. „Erstens bin ich keine Barbie und zweitens ist der Stuhl neben dir nur frei, weil hinter deinem Machogehabe ein kleiner vertrottelter Idiot steckt und das alle Mädchen an diesem Tisch schon verstanden haben.“ //Die hat gesessen. Go me!// Der gesamte Tisch lachte, aber Jean lachte nur blöd mit. „Außerdem“, fuhr ich fort, „muss ich noch einen Platz für mein Bruderherz freihalten.“ Ich wollte gerade auf zwei nebeneinanderliegende Stühle zumarschieren, als Jean einen Arm um meine Hüfte legte und mich mit einem Ruck auf seinen Schoß zog. „Du kannst ja hier sitzen, dann hat dein Bruder neben uns Platz. Dagegen hast du doch sicher nichts einzuwenden, oder?“, säuselte er. Bei jeder anderen Schülerin wäre das Tablett spätestens nach diesem plötzlichen Ruck auf den Boden gefallen, aber ich balancierte es immer noch auf zwei Fingern.. Dafür gab es einen Grund. Die anderen am Tisch hätten mich jetzt anstarren müssen und fragen, wie um alles in der Welt ich es geschafft hatte, nicht einen einzigen Tropfen der Getränke zu verschütten. Aber das taten sie nicht. Auch dafür gab es einen Grund. Ich stand ohne zu zögern wieder von Jeans Schoß auf und scheuerte ihm erst einmal eine Backpfeife. Er rieb überrascht über den roten Fleck, den meine Hand auf seiner Wange hinterlassen hatte, dann grinste er mich anzüglich an. „Dann eben ein anderes Mal, Barbie.“, sagte er. Ich funkelte ihn wütend an und setzte mich gerade so aus seiner Reichweite, was ihn unglaublich störte. Ich überkreuzte meine Beine so, dass er die Spitze meines Highheelabsatzes gut sehen konnte. //Jetzt kann er sich denken, dass ich eine weitere Anmache seinerseits mit etwas weitaus schmerzhalfterem als einer Ohrfeige quittieren werde.// Ich nahm mein Glas in die Hand und trank einen Schuck von der roten Flüssigkeit. Danach fühlte ich mich gleich wieder entspannter und ausgeruhter. Auch das hatte natürlich einen Grund. Die Cafeteriafrauen an meiner Schule waren hochmotiviert, weil das hier keine gewöhnliche Schule war. Ich hatte mit der Zuge gegen meine Zähne geklopft, weil ich keinen gewöhnlichen Orangensaft gewollt hatte. Ich hatte das Tablett nicht fallen lassen, weil ich keine gewöhnliche Schülerin war und meine Freunde waren nicht überrascht gewesen, weil sie wie ich waren. Wir waren Vampire.


Diese Schule beherrbergte sowohl Menschen als auch uns. Die Menschen wussten nichts von uns. Nur die Cafeteriafrauen waren eingeweit und versorgten uns jede Mittagspause mit als Blutorangensaft getarntem Blut aus dem Krankenhaus. Deshalb das Klopfen an die Zähne und die hochmotivierten Cafeteriafrauen. Es war so ein sicheres System. Wenn nicht alles so geregelt gewesen wäre, hätten meine Eltern sich nie bereiterklärt, mich auf eine Menschenschule gehen zu lassen und ich hätte auch persönlich nicht bei diesem Experiment mitmachen wollen. Aber der Direktor der Schule hatte das alles wirklich gut durchdacht. Natürlich unterstützten die Familien der anwesenden Vampire ihn sehr und wir taten auch, was wir konnten, um unser Geheimnis zu schützen und die Schule zu erhalten. Allein das Gerücht, dass Vampire an der Schule waren, hätte eine Massenpanik ausgelöst; zurecht. Auch wenn es zum Beispiel ein Mythos ist, dass wir nicht altern (wir altern nur sehr viel langsamer als Menschen) und dass wir in der Sonne verbrennen (das hat sich auch irgendein hirnverbrannter Wissenschaftler ausgedacht, denn die Sonne ist uns nicht einmal unangenehm, es ist nur so, dass wir früher bevorzugt in der Nacht jagten, weil wir im Gegensatz zu unserer Beute im Mondlicht genausogut sehen, wie im Sonnenlicht) stimmt die Sache mit dem Bluttrinken. Jedenfalls ist diese Schule für das Experiment Vampir-Mensch ausgewählt worden. Es beinhaltet, Vampire und Menschen an derselben Schule zu unterrichten, um zu erforschen, ob ein Zusammenleben beider Arten möglich ist. Im Moment beläuft sich die Zahl der Vampire der Schule auf uns acht. Mein Bruder Kaien, Jean, Chris, Piotr, mein bester Freund Romain, Sebastian, meine beste Freundin Kim und ich. Eigentlich mochte ich sie alle gerne, aber Jean ging mir mit seinen lahmen Sprüchen ziemlich auf die Nerven. Ich ließ meinen „Blutorangensaft“ im Glas hin und her schwappen und starrte nachdenklich in die Luft. Mein Leben hier gefiel mir von Tag zu Tag besser. Ich hielt es für eine wunderbare Erfahrung, an einer Schule für Menschen zu sein. Aber bei ein paar Speziallisten war ich mir nicht ganz sicher, was ihre Beweggründe waren. Sicher, wir waren alle geborene Vampire und hatten unseren Durst mit Drei Jahren schon völlig unter Kontrolle, aber hier waren gerade alle Vampire im Teenageralter und man konnte nie wissen, ob sie sich immer zu hundert Prozent an die Regeln hielten: Es wurde keiner Schülerin und keinem Schüler Blut abgenommen, niemald wurde beeinflusst, es gab keine Toten und das Einsetzen unserer Talente war bis auf einmalige Notfallsituationen untersagt.